GWP goes east: Marktchancen und Herausforderungen in der EECCA-Region
Von West nach Ost erstrecken sich über rund 7.000 Kilometer Luftlinie die Geschäftsmöglichkeiten für das Regionalforum Eastern Europe, Caucasus and Central Asia (EECCA). Die ehemals sowjetischen bzw. sowjetnahen Länder stehen im Wassersektor vor einem tiefgreifenden Wandel. Jahrzehntelang prägten zentralistische Strukturen das Management der Wasserressourcen – heute sind die Staaten mit neuen administrativen, finanziellen und ökologischen Realitäten konfrontiert. Während einige Länder über reichlich Wasserreserven verfügen, leiden andere unter akuter Knappheit: Die erneuerbaren Wasserressourcen reichen von unter 3.000 bis über 10.000 m³ pro Kopf und Jahr. Doch selbst dort, wo Wasser theoretisch ausreichend vorhanden ist, führen veraltete Infrastruktur, ineffiziente Nutzung durch fehlende Monitoring-Systeme und unzureichende Wartung vielerorts zu Engpässen.
Hinzu kommen tiefgreifende ökologische Herausforderungen. Über 80 % der Flüsse und drei Viertel der Seen in der Region gelten als verschmutzt. Grund dafür sind vor allem mangelhafte Abwasserbehandlung sowie intensive landwirtschaftliche Nutzung. Der Rückgang von Wasserständen, schmelzende Gletscher und zunehmende Extremereignisse wie Dürren oder Überschwemmungen infolge des Klimawandels setzen das fragile Gleichgewicht zusätzlich unter Druck.
Da viele Flüsse und Seen grenzüberschreitend verlaufen, ist Kooperation zwischen den Staaten unverzichtbar. Dadurch gewinnt das Konzept der integrierten Wasserressourcen- bzw. Einzugsgebietsverwaltung (IWRM = Integrated Water Resources Management) an Bedeutung: Es soll ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte zusammenführen und so eine nachhaltige Bewirtschaftung ermöglichen. Aktuell erschweren jedoch fehlende Datenstandards, unvollständiges Monitoring und schwache institutionelle Mechanismen ein gemeinsames Management.
Auch über diesen Ansatz fördert German Water Partnership (GWP) aktiv den Austausch mit den Ländern der Region. In den vergangenen Wochen standen im Regionalforum EECCA insbesondere Aserbaidschan, Kasachstan, Usbekistan und die Ukraine im Mittelpunkt der Aktivitäten.

Wissens- und Technologietransfer unterstützt den Wiederaufbau in der Ukraine
Die Ukraine steht seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 vor bis dato unvorstellbaren Herausforderungen – und damit im besonderen Fokus des Regionalforums. Bereits kurz nach Kriegsbeginn begann GWP mit der Entwicklung eines Konzeptes für ein Wiederaufbauvorhaben. Zur Jahresmitte 2025 war es schließlich soweit: Gemeinsam mit dem Mykolaiv Water Hub startete GWP ein Projekt zum Wissens- und Technologietransfer in den Bereichen Wasser- und Abwasserwirtschaft, nachhaltige kommunale Infrastrukturen, Energieeffizienz und Klimaschutz. Unterstützt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) leistet die Initiative einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Wiederaufbau der durch den Krieg schwer beschädigten Infrastruktur der Daseinsvorsorge.
In der ersten Projektphase liegt der Schwerpunkt auf dem Aufbau eines aktiven Netzwerks zwischen deutschen und ukrainischen Fachleuten, der Analyse des aktuellen Infrastrukturzustands in ausgewählten Städten sowie der Entwicklung einer Roadmap für langfristige Modernisierung und Resilienz. Damit wird zugleich eine Grundlage geschaffen, die ukrainische Wasserwirtschaft mit effizienten und klimafreundlichen Technologien zukunftssicher aufzustellen und somit die Voraussetzungen für eine perspektivische EU-Mitgliedschaft zu stärken.
Der Mykolaiv Water Hub übernimmt vor Ort die Koordination mit Versorgungsunternehmen und Behörden, sammelt technische und betriebliche Daten und moderiert den Dialog mit deutschen Partnern. Bereits in den ersten Monaten wurden ukrainische Versorger kontaktiert, Bedarfe erhoben und Vertreter:innen für den gemeinsamen deutsch-ukrainischen Lenkungsausschuss gewonnen. Es fanden bereits Webinare zwischen GWP-Mitgliedern und den ukrainischen Partnern statt, bei denen die Schwerpunkte für die kommenden Wochen festgelegt wurden. Für November ist ein weiterer Online-Workshop geplant, gefolgt von einem größeren Präsenztreffen im Frühjahr 2026 in Berlin.
Neu im Fokus: die südkaukasische Republik Aserbaidschan

Im Rahmen einer gemeinsamen Initiative der Deutsch-Aserbaidschanischen Außenhandelskammer (AHK Aserbaidschan) und GWP wurde am 30. September 2025 ein Webinar für deutsche Unternehmen aus der Wasserwirtschaft organisiert. Ziel des virtuellen Treffens war es, einen ersten Einblick in bestehende Geschäftsmöglichkeiten und Potenziale im aserbaidschanischen Wassersektor zu bieten. Dabei erhielten die Teilnehmenden unter anderem Informationen über den Wassermarkt Aserbaidschans, Investitionsmöglichkeiten und staatliche Programme sowie konkrete Bedarfe an Technologien und Partnerschaften vor Ort. Das Webinar legte zudem den Grundstein für eine geplante B2B-Delegationsreise im Jahr 2026.
In der darauffolgenden Woche repräsentierte Geschäftsführer Boris Greifeneder unseren Verband und seine Potenziale am 7. Oktober 2025 auf der Deutsch-Aserbaidschanische Exportfinanzierungskonferenz 2025 in Baku, die erstmalig stattgefunden und von der AHK Aserbaidschan organisiert wurde. Das Ziel der Konferenz: die deutsch-aserbaidschanische Zusammenarbeit in den Bereichen Exportfinanzierung, Innovation und nachhaltige Investitionen zu stärken – mit Fokus auf Energie und grüne Technologien, Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Digitalisierung.
Die Veranstaltung brachte über 200 Teilnehmende aus Politik, Finanzwesen und Industrie zusammen. Neben mehr als 40 deutschen Unternehmen aus verschiedenen Branchen waren hochrangige politische Vertreter:innen vor Ort, darunter S.E. Dr. Ralf Horlemann, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Aserbaidschan, und Elnur Aliyev, stellvertretender Wirtschaftsminister der Republik Aserbaidschan. Beide betonten die Bedeutung einer nachhaltigen Infrastruktur sowie der bilateralen Zusammenarbeit.
Das Programm umfasste Keynotes, Fachvorträge, interaktive Panels, bilaterales Matchmaking sowie sektorspezifische B2G-Roundtables. An einem speziell dem Wasserressourcenmanagement gewidmeten Runden Tisch stellte Boris Greifeneder die sieben Forderungen der deutschen Wasserwirtschaft an die Außenwirtschaftspolitik vor. Mit im Gepäck von seiner Reise: die positive Erkenntnis, dass Wasser als strategische Ressource in Aserbaidschan zunehmend Beachtung findet – sowohl in der städtischen Versorgung als auch in der Landwirtschaft und der industriellen Entwicklung.
Reisen nach Kasachstan festigen die bilateralen Beziehungen
Am 8. Oktober 2025 traf GWP-Geschäftsführer Boris Greifeneder in der kasachischen Hauptstadt Astana ein. Anlass des Besuchs war ein Treffen mit dem stellvertretenden Premierminister Kanat Bozumbayev und die Unterzeichnung eines strategisches Partnerschaftsabkommens zwischen GWP und dem Ministerium für Wasserressourcen und Bewässerung. Damit wurden die Beziehungen von GWP zum zentralasiatischen Land noch weiter vertieft und ein Meilenstein in der Unterstützung Kasachstans geschaffen, internationale Standards zu erreichen, wassersparende Technologien und innovative Lösungen einzuführen und Fachkräfte auszubilden, um eine sichere und nachhaltige Wasserversorgung zu gewährleisten. Weitere Treffen fanden an diesem Tag mit der deutschen Botschafterin und der Direktorin des hydrometrischen Instituts Kazhydromet statt.

Bereits wenige Wochen zuvor war GWP im Rahmen des Markterschließungsprogramms (MEP) in Kasachstan. Vom 15. bis 19. September 2025 führte DEinternational in Zusammenarbeit mit der Delegation der deutschen Wirtschaft für Zentralasien und GWP, im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE), eine Geschäftsanbahnung für deutsche Unternehmen aus dem Bereich Wasserwirtschaft mit Fokus auf Ressourcenmanagement nach Astana und Almaty durch. Neun deutsche Unternehmen, darunter acht GWP-Mitglieder, konnten sich vor Ort ein Bild von den Herausforderungen bedingt durch Wasserverluste und dem wachsenden Bedarf an nachhaltiger Technologie wie bspw. energieeffizienter Abwasserbehandlung, zukunftsfähige Bewässerungssystem und digitalisierte Technik sowie den Folgen des Klimawandels machen. Die Fachkonferenz in Astana zeigte, dass die kasachische Regierung mit dem neuen Wasserkodex einen wichtigen rechtlichen Rahmen für Innovationen geschaffen hat. Der Investitionsbedarf wird auf drei Milliarden Euro beziffert. Mit einer Höhe von über einer Milliarden Euro hat Kasachstan zudem den größten Kredit in der Geschichte der Islamischen Entwicklungsbank erhalten. Die teilnehmenden deutschen Unternehmen konnten sich nicht nur bei der Konferenz und den B2B-Gesprächen näher präsentieren, sondern auch im Rahmen mehrerer Behördenbesuche, darunter beim Vize-Wasserminister Aslan Adraimov und dem Bürgermeisteramt in Almaty.
Der Austausch mit den kasachischen Partnern wird stetig fortgeführt. Bereits am 11. November 2025 findet ein größerer Roundtable zum Thema Wassermanagement und Betrieb in der Botschaft der Republik Kasachstan in Berlin statt.
Aufgrund der großen Dynamik in der Region und den vielfältigen Aktivitäten und Möglichkeiten bietet das Regionalforum EECCA seit Oktober ein monatliches Online-Update an, das jeden ersten Montag eines Monats von 16 bis 17 Uhr stattfindet. Alle GWP-Mitglieder sind herzlich eingeladen, sich über die neuesten Entwicklungen in Osteuropa, dem Südkaukasus und Zentralasien zu informieren. Noch in diesem Jahr wird voraussichtlich im Dezember eine digitale Regionalforumssitzung stattfinden. Die nächste Präsenzsitzung ist für das Frühjahr 2026 geplant.
