Am 25. Juni 2025 wurde das Umweltforum Berlin zum Treffpunkt für die international tätige deutsche Wasserwirtschaft und ihre Partner.
Unter dem Titel Global Water Responsibility – Made in Germany? diskutierten rund 180 Teilnehmende aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft Chancen für den deutschen Wassersektor im globalen Kontext. Die Jahreskonferenz von German Water Partnership (GWP) rückte in einem hochkarätig besetzten Programm auch Herausforderungen wie Exportförderung, Fachkräftesicherung und Innovationspartnerschaften in den Mittelpunkt – und positionierte sich mit Forderungen für die Zukunft der Branche.
Auftakt mit klarer Botschaft: GWP als starke Stimme im Ausland
Nach der Eröffnung durch GWP-Vorstandsvorsitzenden Ingo Hannemann, der die Dringlichkeit eines strategisch gestärkten deutschen Außenauftritts betonte, richtete Stefan Rouenhoff, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE), per Videobotschaft ein Grußwort an die Teilnehmenden. Er unterstrich die Rolle von GWP als „Gesicht der deutschen Wirtschaft im Ausland“ – seit über 17 Jahren verlässlicher Ansprechpartner für internationale Partner im Wassersektor. Die Anforderungen an moderne Wasserinfrastrukturen weltweit seien enorm, so Rouenhoff, und damit auch die Chancen für die deutsche Wasserwirtschaft.
Impuls zu geopolitischen Verschiebungen: „Die Karten werden neu gemischt“

In ihrem Impuls gab Julia Braune, Erste Geschäftsführerin von Germany Trade & Invest (GTAI), einen aufschlussreichen Überblick über die sich verändernde globale Produktionslandschaft. Aufgrund geopolitischer Spannungen, Regionalisierungstendenzen und Resilienzen in den Lieferketten verschieben sich aktuell weltweit die potenziellen Standorte industrieller Fertigung in Zukunftstechnologien. Dies zeigt die jüngste Analyse der GTAI, in der potenzielle neue Produktionszentren anhand von Schlüsselindikatoren wie FDI-Projekten, Maschinenimporten und Exportvolumina untersucht wurden. Während etablierte Standorte wie Deutschland, Japan und die USA weiterhin eine zentrale Rolle spielen, gewinnen Länder wie Vietnam, Mexiko, Rumänien oder Kambodscha an Bedeutung sowohl als Absatzmärkte als auch als Zielregionen für Investitionen. „Wasser wird zunehmend zum kritischen Produktionsfaktor, der mitentscheidet, wo globale Produktionscluster wachsen und Zukunftstechnologien entstehen. Das bietet international Marktchancen für deutsche Unternehmen der Wasserwirtschaft“, so Julia Braune.
Globale Wasserverantwortung in einer aufgeheizten Welt
In der anschließenden Keynote „Wasser in einer aufgeheizten Welt“ stellte Prof. Dr. Karen Pittel, Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), zentrale Ergebnisse des aktuellen WBGU-Gutachtens vor: Der globale Wasserstress verschärft sich rapide durch Klimawandel, Urbanisierung und Ressourcenkonkurrenz – und wird zum sicherheits- und entwicklungspolitischen Risikofaktor. Gleichzeitig biete dieser Transformationsdruck Chancen für technologiegetriebene, resiliente Lösungen. Pittel betonte: „Die deutsche Wasserwirtschaft kann hier mit Innovation und Know-how eine entscheidende Rolle spielen.“
Paneldiskussion: „Global Water Responsibility – Made in Germany?“

Die anschließende Podiumsdiskussion, moderiert von GWP-Geschäftsführer Boris Greifeneder, brachte die GWP-Mitglieder Annette Geuther (Diehl Metering GmbH) und Andreas Bichler (Dehoust GmbH) mit Gerlind Heckmann Leiterin der Unterabteilung Außenwirtschaftsförderung des BMWE und Susanne Friedrich der Leiterin der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) zusammen. Am Ende war sich das Panel einig, dass die globale Platzierung und Stärkung der überwiegend mittelständisch geprägten Unternehmen der deutschen Wasserwirtschaft vor dem Hintergrund eines starken internationalen Wettbewerbs nicht allein Aufgabe der Unternehmen sein können. Vielmehr braucht es Aufklärung über die Wichtigkeit von Wasser – nicht nur als Lebensgrundlage, sondern auch als Produktionsmittel. Ebenso entscheidend ist ein Zusammenspiel von Außenwirtschaftsförderung, innovationsfreundlicher Regulierung und strategischer Kommunikation deutscher Stärken im Ausland.
Pitch’n Walk, Networking und internationale Impulse
Ein Highlight im weiteren Verlauf war der „GWP Pitch’n Walk“, bei dem die Programm-Partner der Konferenz Projekte und Lösungen präsentierten – ein lebendiges Format, das die thematische Vielfalt des GWP-Netzwerks zeigte. Wir danken der AWE, DHI WASY GmbH, Diehl Metering GmbH, Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) und KSB SE & Co. KGaA für die Gestaltung dieses Programmpunktes.
Konkurrenz oder Partnerschaft: Blick in die Niederlande
Am Nachmittag sorgten die stellvertretende Botschafterin des Königreichs der Niederlande Mira Woldberg und Rick Elmendorp von der Netherlands Water Partnership (NWP) für einen Perspektivwechsel. Beide zeigten auf, wie in den Niederlanden durch die enge Verzahnung von Politik, Privatwirtschaft und kommunalen Betreibern Synergien im Wassersektor erfolgreich genutzt werden – ein Modell, das auch Deutschland adaptieren sollte, so Greifeneder: „Eine zentrale Koordinierungsstelle auf Staatssekretärsebene – wie der niederländische Water Envoy – könnte der deutschen Wasserbranche zusätzlich den entscheidenden Rückenwind im Ausland geben.“

Themensession: „Made in Germany oder Made in Europe?“ – Außenwirtschaft neu denken
Unter der Leitung von Birte Boysen (Umwelttechnik BW GmbH) widmete sich die Session der Frage, wie sich die deutsche Wasserwirtschaft strategisch zwischen dem renommierten Label „Made in Germany“ und einem potenziell stärkeren europäischen Schulterschluss positionieren kann. Boysen eröffnete mit einer datenbasierten Analyse globaler Handelsströme: Die EU verfüge insgesamt über die wirtschaftliche Stärke, um international als Gegengewicht zu globalen Großakteuren wie China oder den USA aufzutreten – doch im Export dominieren aktuell oft einzelne Nationalmarken.

In der Diskussion wurde klar: „Made in Germany“ bleibt ein starkes Qualitätssiegel, das viele Unternehmen weiter nutzen und verteidigen möchten. Zugleich wird „Made in Europe“ in der Praxis längst gelebt, gerade bei großen Projekten oder durch Kooperationsmodelle mit europäischen Partnern. Offenheit zeigte sich auch bei KMU, die zunehmend europäische Allianzen zur Markterschließung in Drittstaaten als Chance begreifen. Ob ein gemeinsamer europäischer Messeauftritt sinnvoll ist, hänge laut den Teilnehmenden stark vom Zielmarkt ab – mit dem klaren Wunsch nach flexiblen, strategisch angepassten Förderformaten im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung.
Ein konkreter Vorschlag stieß dabei auf besonderes Interesse: eine Pilotmaßnahme mit einem europäischen Partnerland zur gemeinsamen Markterschließung, beispielsweise in Afrika. Die Idee wurde sowohl von den Unternehmensvertretern als auch von politischen Partnern positiv aufgenommen – ein starkes Signal für praxisnahe europäische Zusammenarbeit. Auf dem Podium diskutierten Dr. David Wolfmeyer (BMWE), Christian Tippelt (GTAI), Dirk Wittenberg (WILO SE) und Axel Wenzel (NIVUS GmbH), moderiert von Birte Boysen.
Themensession: In Zeiten des Fachkräftemangels: Was braucht made in Germany?

Im World-Café-Format kamen Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Betrieb und Bildung an vier Thementischen zusammen, um ganz aktuelle Fragen der Fachkräftegewinnung und -bindung zu diskutieren. Moderiert von Dr. Gesa Kutschera (GELSENWASSER AG), entstand ein offener und lösungsorientierter Austausch. Die Impulse kamen aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Prof. Jörg Felmeden (Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Fachbereich Bauingenieurwesen, Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft), Philip Storch (KSB SE & Co. KGaA), Willy Leonhardt (Stadtentwässerung Dresden GmbH) und Dr. Hannelore Kress, Senior Projektmanagerin am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), brachten ihre Sichtweisen und Erfahrungen ein.
Ein zentrales Fazit: Die Herausforderungen sind sektorenübergreifend – und tragfähige Lösungen nur im Schulterschluss möglich. Sichtbarkeit (z. B. bei MINT-Aktionstagen), flexible Arbeitsmodelle und eine strategische Internationalisierung wurden als Schlüsselfaktoren identifiziert. Besonders betont wurde die Notwendigkeit, Bildungsinstitutionen, Unternehmen und Betreiber systematisch zu vernetzen, um Nachwuchs nicht nur zu gewinnen, sondern auch langfristig zu binden. Die Session wie auch die Gespräche am Rande machten deutlich: In Zeiten globaler Unsicherheit ist gemeinsame Verantwortung der Schlüssel für eine zukunftsfähige Wasserwirtschaft.
Themensession: Innovation trifft Anwendung – Forschung und Industrie im Schulterschluss
Die dritte Session widmete sich dem Zusammenspiel von Forschung, Industrie und Politik. Moderiert wurde die Runde von Sanchita Khandelwal (aqua & waste International GmbH) und Dr.-Ing. Manuel Krauß (FiW – Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen e. V.), die mit viel Elan, internationaler Perspektive und klarem Blick auf die Praxis Impulse gaben. Die Beiträge von Nilgün Parker (BMKUN), Dr. Bernd Wiebusch (KfW), Dr. Rainer Müssner (BMFTR) und Prof. Dr. Sven-Uwe Geißen (Technische Universität Berlin Forschungsnetzwerk „Wasser in Ballungsräumen“) machten deutlich, dass es zwar gute Projekte und Förderinstrumente gäbe – doch die bestehenden Systeme entlang der gesamten Wasserwertschöpfungskette noch viel Optimierungspotenzial böten.
Ein zentrales Ergebnis war der Appell nach einem strategischen, ressortübergreifenden Wasser-Mandat für Deutschland – und nach einer eigenständigen Verankerung des Themas Wasser in der Außenwirtschaft sowie in entwicklungspolitischen und kommunalen Förderstrukturen. Ein Anliegen das GWP bereits tatkräftig unterstützt und weiter voranbringen möchte. Besonders hervorgehoben wurde auch die Bedeutung der Skalierbarkeit von Projekten, insbesondere mit Blick auf Förderinstitutionen wie die KfW.
An dieser Stelle auch ein Dank an die GWP-Mitglieder, die mit ihren Pitches einen praxisnahen Einblick in internationale Projekte gaben. Claudia Wendland (Hamburg Wasser), Norman Schweimanns (TU Berlin), Dr.-Ing. Manuel Krauß und Dr. Michael Kuhn (Kuhn GmbH) schlugen den Bogen von konkreten Herausforderungen bis hin zu gelungenen Lösungsansätzen. So wurde beispielsweise das Projekt NEU-Water vorgestellt, das darauf abzielt, Lösungen und Verfahren zu entwickeln, die die Wiederverwendung von Regen- und Grauwasser als Teil einer wassersensiblen Stadtentwicklung fördern. Projektstantort ist Franschhoek, Südafrika. NEU-Water ist eines von sieben kooperativen Forschungsprojekten im Südlichen Afrika, die im Rahmen des Forschungsprogramms “Wassersicherheit in Afrika (WASA)” durchgeführt werden.
Blick über den Tellerrand: GWP im Gespräch
Nach der Diskussion der Ergebnisse der Themensessions folgte mit „GWP im Gespräch“ ein Blick über den Tellerrand. In diesem Jahr standen nachhaltige Rechenzentren und die sicherheitspolitische Dimension von Wasser auf der Agenda.

Herbert Radlinger (GARBE Data Centers GmbH) zeigte auf, wie nachhaltige Rechenzentren zur Entkopplung von IT-Nachfrage und Wasserverbrauch beitragen können. Nach einer Einführung in die verschiedenen Arten von Rechenzentren gab er einen Überblick über den Wasserverbrauch deutscher Rechenzentren pro Jahr. Allein von 2024 auf 2025 stieg der Wasserverbrauch um 13,6 Prozent auf 137,33 Milliarden Liter an. Neben dem Energieverbrauch gewinnt der Wasserverbrauch pro kWh IT-Leistung als neuer Benchmark für Rechenzentren an Bedeutung. Nationale und europäische Vorgaben sowie innovative Technologien wie die Direct-to-Chip-Kühlung, die höhere Einlasstemperaturen ermöglichen, befördern die nachhaltige Senkung des Wasserverbrauchs.

„Wir leben bereits in der Klimakrise“, so stieg Dr. Benjamin Pohl (adelphi consult GmbH) in die Präsentation der Ergebnisse der Nationalen Interdisziplinären Klimarisiko-Einschätzung, kurz NIKE-Studie, ein. Mit der Maßgabe die Auswirkungen der Klimakrise auf die nationale Sicherheit zu bewerten und informierte Handlungsentscheidungen abzuleiten, wurden das Metis Institut für Strategie und Vorausschau der Universität der Bundeswehr München, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sowie adelphi research beauftragt, gemeinsam mit dem Bundesnachrichtendienst diese Untersuchung durchzuführen. „Wer Sicherheit denkt, muss Klima mitdenken“, zitiert Pohl aus der Studie, denn Wasser wird zunehmend zur sicherheitspolitischen Schlüsselfrage – sowohl in Entwicklungs- als auch in Industrieländern.
Wichtige Impulse der EU-Kommissarin Jessika Roswall am Abend
Die EU-Kommissarin für Umwelt, resiliente Wasserversorgung und wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft, Jessika Roswall, betonte in ihrem Impuls beim Netzwerkabend die entscheidende Rolle, die Industrie, Innovatoren und starke Betreiber im Wassersektor in der EU und weltweit spielen könnten. „Die Widerstandsfähigkeit der Wasserwirtschaft ist nicht nur ein Muss für unsere wirtschaftliche Sicherheit, sondern auch eine große Chance für unsere Wettbewerbsfähigkeit“, so Roswall.

Ingo Hannemann resümierte: „Mit einer klaren strategischen Ausrichtung kann die deutsche Außenwirtschaftsförderung nicht nur ‚Made in Germany‘ zu neuer Stärke verhelfen und gleichzeitig Verantwortung in der Welt übernehmen. Sie sichert darüber hinaus die Grundlage für den Zugang zu wichtigen Wachstumsbranchen wie der Batteriezellfertigung, der Halbleiterindustrie, der Wasserstoffwirtschaft sowie der IT-Infrastruktur für künstliche Intelligenz: Wer Wasser kann, macht Zukunft! Gerne auch im engen Schulterschluss mit europäischen Partnern. Die international vernetzte deutsche Wasserwirtschaft ist dafür bereit.“
Die Jahreskonferenz 2025 von German Water Partnership hat gezeigt, Global Water Responsibility – Made in Germany? ist weit mehr als ein Slogan. Es ist ein gemeinsames Selbstverständnis eines starken Netzwerks, das Verantwortung übernimmt – mit innovativen Technologien, partnerschaftlicher Zusammenarbeit und einer klaren Vision für die Zukunft.