Die digitale Transformation ebnet den Weg hin zu einer effizienten und nachhaltigen Wasserwirtschaft | Die Vorstandskolumne

„Die Vorstandskolumne“ ist eine Rubrik, in der Sie monatlich aus der Perspektive eines GWP-Vorstandsmitglieds über relevante Themen aus dem Wassersektor informiert werden. Für die 17. Ausgabe spricht Vorstandmitglied Eckard Eberle über die Rolle der Digitalisierung für die Wasserwirtschaft.

Eckard Eberle, Mitglied des Vorstands von German Water Partnership e.V.
Eckard Eberle, Mitglied des Vorstands von German Water Partnership e.V.

Sauberes Wasser – weltweit eine unserer wichtigsten Ressourcen. Klimawandel, Urbanisierung, demographische Herausforderungen und sich wandelnde politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen erhöhen den Druck nicht nur auf die natürlichen Wasserressourcen, sondern auch auf die Wasserinfrastruktur. Daher sieht sich die Wasser- und Abwasserwirtschaft nicht nur in Deutschland vor der Herausforderung, ihre Systeme und Anlagen an den fortlaufenden Wandel anzupassen. Dafür braucht es neue Ansätze, um eine ressourcenschonende, energiesparende, effiziente und sichere Wasserversorgung für die Menschen sicherzustellen.

Lieferketten, Energiepreise, Klimawandel, Fachkräftemangel: Die Digitalisierung liefert Antworten

Gerade die letzten Monate haben dabei die Sichtweise auf alte Gewohnheiten verändert. Überschwemmungen, gestörte Lieferketten, die auch die Wasserwirtschaft betreffen, steigende Energiekosten und – ganz aktuell – Angriffe auf kritische Infrastrukturen bestimmen die Schlagzeilen. Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, braucht es in allen Bereichen des Lebens ein Umdenken. Dieses Umdenken betrifft auch einen weiteren Bereich: Gerade in Deutschland haben es schon heute Unternehmen immer schwerer, die richtigen Fachkräfte zu finden, um die komplexen Anlagen zu entwickeln, zu bauen und zu betreiben. Dieser demografische Wandel wird sich weiter verstärken – auch dafür braucht es neue Ideen.

Was braucht es also, um die Wasser- und Abwasserwirtschaft nachhaltig und zukunftssicher zu machen? Eine Antwort liegt in der strukturellen und informationstechnischen Vernetzung von Wasserbedarf und (Ab‑)Wasserströmen. Durch digitale Lösungen lassen sich Einsparungen und Optimierungen in vielen Bereichen realisieren: Von einer bedarfsgesteuerten Pumpensteuerung über vorausschauendes Kanalmanagement bis hin zur intelligenten Leckagedetektion. Und auch das kann Digitalisierung: den Teams in den Anlagen Werkzeuge an die Hand geben, die ihnen den Arbeitsalltag deutlich erleichtern. Digitale Assistenten wie die Software Siemens Digital Worker nutzen dazu auch Technologien wie Augmented und Virtual Reality. Das Betriebspersonal kann damit direkt an der Anlage auf relevante Informationen, zum Beispiel Dokumentationen, Betriebsanleitungen, Wartungshinweise oder Zeichnungen, zugreifen oder individuelle Prüf- und Checklisten erstellen. Davon profitieren nicht nur der reguläre Anlagebetrieb, sondern auch die Wartung und Instandhaltung.

Wasser 4.0: Den Schatz der Daten nutzen

Aber auch in vielen anderen Bereichen wird die Digitalisierung neue Impulse setzen, und wir sind stolz darauf, gemeinsam mit German Water Partnership e.V. (GWP) die dafür notwendigen Technologien voranzubringen. Unter anderem arbeiten Siemens im Arbeitskreis Wasser 4.0 von GWP gemeinsam mit weiteren Mitgliedern daran, Digitalisierung und Automatisierung für eine ressourceneffiziente, flexible und wettbewerbsfähige Wasserwirtschaft zu nutzen. Wasser 4.0 greift in Analogie zur Initiative Industrie 4.0 maßgebliche Merkmale und Begriffe dieser industriellen Revolution, wie „Vernetzung von Maschinen, Prozessen, Lagersystemen und Betriebsmitteln“, „Smart Factory“, „Internet der Dinge und Dienste“ auf und bringt sie in einen systemischen, wasserwirtschaftlichen Zusammenhang. Technologien wie Cloud- und Edge-Computing und die Anwendung von künstlicher Intelligenz, sie alle beruhen auf der Verfügbarkeit von Daten. Es ist höchste Zeit, diesen Schatz zu heben – und in vielen Bereichen gibt es bereits entsprechende Lösungen. So hat Siemens gemeinsam mit der TU Berlin im Rahmen des Arbeitskreises Wasser 4.0 einen intelligenten Pumpenversuchsstand entwickelt, bei dem realer Anlagenbetrieb und Simulation Hand in Hand arbeiten. Ziel ist es, vorhandene Anlagen besser, flexibler und effizienter auszunutzen und über die Vernetzung von Systemen und neue Möglichkeiten der Datenanalysen Betrieb und Wartung zu optimieren – ein wichtiger Mosaikstein auf dem Weg in die digitale Zukunft. Am Ende werden sich all diese Mosaiksteine in ein Gesamtbild integrieren, das über die jeweilige Anwendung hinaus neue Lösungsmöglichkeiten bietet.

Das Projekt an der TU Berlin zeigt aber noch etwas: Bei der Digitalisierung, und zwar nicht nur in der Wasserwirtschaft, lässt sich durch Partnerschaft und Zusammenarbeit mehr erreichen als allein. Gerade wenn es darum geht, die Vorteile der Digitalisierung in konkreten Anwendungen aufzuzeigen, bringt das Wissen aus unterschiedlichen Disziplinen – Forschung, Anlagenbau, Automatisierungstechnik – und das Know-how der Anlagenbetreiber zusätzliche Impulse und liefert Ideen, die Digitalisierung wirklich greifbar machen, Prozess- und Anwenderwissen zusammen- und mit künstlicher Intelligenz in die Software einzubringen. Diese Vernetzung von Wissen und Kompetenzen ist es, die die Arbeit von GWP so wertvoll macht – auch und gerade mit Blick auf die digitale Zukunft.

Zusammenarbeit und Vielfalt für neue Ideen

Gerade im Bereich Prozessoptimierung, Ertüchtigung bestehender Anlagen oder Flexibilisierung von Anlagen und Kapazitäten gibt es einen enormen Bedarf nach innovativen Softwarelösungen, und daher wird es schon bald Alltag sein, über Industrial internet of things (IIoT)und durchgängige Lösungen in der Cloud zu sprechen. Daten werden ganz selbstverständlich vom Sensor über die Edge in die Cloud gestreamt, Anlagen standardmäßig am digitalen Zwilling entwickelt und optimiert. Die Integration von Daten und Modellen sowohl im Bereich der Operational Technology (OT) als auch zwischen OT und IT wird ebenfalls weitergehen, die digitalen Zwillinge von Anlagen, Prozessen und Performance werden zunehmend verschmelzen. Wir erleben gerade mit, wie sich die Zusammenarbeit in und zwischen Unternehmen verändert – gemeinsame Entwicklungen statt Lasten- und Pflichtenheften, agile Teams mit unterschiedlichen Kompetenzen, und dazu die richtigen Werkzeuge: Diese Kombination aus digitalen Lösungen und Kreativität macht die Zukunft der Digitalisierung so spannend.

Ich freue mich sehr, und bin stolz darauf, dass Siemens als Unternehmen und seit diesem Jahr auch ich persönlich im GWP-Netzwerk diesen Weg mitgestalten darf. Wir leben in einer spannenden Zeit, in vielerlei Hinsicht, und daher ist es an uns allen, unsere Ideen und Fähigkeiten einzubringen, um die Ressource Wasser zu schützen und nachhaltig zu nutzen. Dafür liefert uns die Digitalisierung wichtige Instrumente.