Natürlich sind Fehlanschlüsse nicht nur in China ein Thema, sondern auch in Deutschland und überall auf der Welt.
Im Bereich der Klärschlammbehandlung bin ich mir sicher, dass es in Richtung Verbrennung gehen wird, wie es in China bisher auch angedacht ist. Es gibt erst wenige Verbrennungsanlagen, und ich bin sicher, dass in diesem Bereich bald viele neue entstehen werden.
Die Chancen stehen also gut, dass sich die „4. Reinigungsstufe“, bei der es um das Herausfiltern von Spurenstoffen, wie Mikroschadstoffen aus Medikamentenresten, geht, in China möglicherweise bald flächendeckend umgesetzt wird?
Wagner: Ich bin überzeugt, dass wie die Klärschlammverbrennung auch die „4. Reinigungsstufe“ forciert werden wird. Der chinesische Staat wird gegenüber der Bevölkerung zeigen müssen, dass er handelt und das Abwasser weitestgehend behandelt.
Was können deutsche Anbieter da leisten?
Wagner: Wir sind in Deutschland in der Forschung ebenso wie in der Umsetzung schon relativ weit. Insbesondere in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfahlen arbeiten bereits mehrere Anlagen im Regelbetrieb. Deutsche Firmen können mit Sicherheit einen Beitrag leisten, wenn solche Forderungen aus China gestellt werden.
Im aktuellen Fünfjahresplan der Regierung steht auch das Thema Re-Use auf der Agenda. Wie werden sich die aktuellen Entwicklungen darauf auswirken?
Wagner: Die chinesischen Behörden werden sich Gedanken machen müssen, ob neue Parameter in die Regularien für Re-Use aufgenommen werden müssen, die verhindern, dass es zu Krankheitsbildern kommt, die über das Wasser übertragen werden. Das betrifft nicht nur Corona-Viren, sondern alle anderen möglichen Infektionen. Aktuell gibt es einen nur einzigen Parameter in den bestehenden Regularien. Da muss etwas passieren.
Man wird mit Sicherheit beibehalten, dass Chlor in nennenswerten Konzentrationen nachweisbar sein muss, bevor Re-Use-Wasser benutzt werden kann. Diese Desinfektion ist eine Notwendigkeit und das wird in meinen Augen noch verschärft werden.
Herr Wagner, vielen Dank für das Gespräch.
Prof. Dr.-Ing. habil. Martin Wagner
ist Geschäftsführer des Institutes IWAR der TU Darmstadt und forscht u.a. zu Abwasserbehandlung, Belüftung und Gastransfer, Energie in Abwasserreinigungsanlagen sowie semizentralen Ver- und Entsorgungssystemen für schnell wachsende urbane Räume, einem neuartigen Infrastrukturkonzept.
Seit 2009 leitet er bei German Water Partnership das Regionalforum China.
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