Wasser als Schlüssel zur Solidarität und Zusammenarbeit in Krisenzeiten | Die Vorstandskolumne

„Die Vorstandskolumne“ ist eine Rubrik, in der Sie aus der Perspektive eines GWP-Vorstandsmitglieds über relevante Themen aus dem Wassersektor informiert werden. Die 35. Ausgabe der Reihe übernimmt der Vorstandsvorsitzende Ingo Hannemann.

Ingo Hannemann, Vorstandsvorsitzender von GWP und Technischer Geschäftsführer bei HAMBURG WASSER © HAMBURG WASSER.

Rund die Hälfte der Weltbevölkerung leidet nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens einmal im Monat unter Wasserknappheit. Auch wenn wir uns hier in Deutschland keine akuten Sorgen machen müssen, stehen wir global vor großen Herausforderungen. Besonders vor diesem Hintergrund ist es mir eine große Ehre, zum Vorstandsvorsitzenden von German Water Partnership e.V. (GWP) gewählt worden zu sein. Ich trete damit ganz bewusst eine große Aufgabe an und bin dankbar für die Leistungen meiner Vorgängerin Gunda Röstel, die durch ihr Engagement und ihre Expertise GWP zu einem starken Netzwerk gemacht hat. Und mit dem Blick auf die globalen Herausforderungen muss dieses Netzwerk noch stärker werden, denn aus dem umfangreichen Know-how, den innovativen Lösungen und dem Prozesswissen unserer fast 300 Mitglieder ergibt sich auch internationale Verantwortung für die lebenswichtige Ressource Wasser.

Wasser als knappe Ressource in Konflikten

Aus diesem Grund möchte ich in meiner Vorstandskolumne den Blick auf diejenigen richten, die in Regionen leben, wo die lebensnotwendige Ressource knapp ist und die Bevölkerung nicht ausreichend mit Wasser versorgt wird. Wasserknappheit kann zum Auslöser für Konflikte werden.

Wasser kann Konflikte aber nicht nur auslösen, sondern auch selbst zur Waffe werden: Wer die Kontrolle über kritische Infrastruktur wie Trinkwasserversorgung gewinnt, gewinnt Macht über die Bevölkerung und ein Druckmittel im Konflikt. Auf diese Weise wird die kostbare Ressource auch selbst immer wieder zum Opfer von Konflikten. Bewusst oder unbewusst können Vorkommen bei Auseinandersetzungen verunreinigt, Wassersysteme zerstört oder Fachleute für den Betrieb zu Opfern der Gewalt werden.

Ein Beispiel für die Auswirkungen eines solchen Konflikts sehen wir derzeit in der Ukraine. Seit mehr als zwei Jahren leiden die Menschen in der Ukraine unter dem russischen Angriffskrieg. Sauberes Wasser aus der Leitung, zu jeder Tages- und Nachtzeit, ist u. a. für die Menschen in der Hauptstadt Kyjiw keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Wasser- und Sanitärinfrastruktur hat erhebliche Schäden erlitten und die Bevölkerung ist dringend auf Hilfe angewiesen.

Gemeinsam Verantwortung übernehmen: Engagement für Kyjiw

Wir haben uns als HAMBURG WASSER dazu entschieden, nicht die Augen vor dieser Krise zu verschließen, sondern Verantwortung zu übernehmen. Seit 2022 unterstützen wir die Kolleginnen und Kollegen von Kyivvodokanal, dem Wasser- und Abwasserunternehmen aus der ukrainischen Hauptstadt. Mit unserem Engagement für Kyjiw möchten wir einen Beitrag leisten, die Versorgungssituation vor Ort zu verbessern und dabei zu helfen, die Menschen vor Ort bestmöglich mit Trinkwasser zu beliefern.

Diese Partnerschaft umfasst verschiedene Maßnahmen. Wir helfen bei der Beschaffung von notwendigem Equipment, um Wasserwerke und Trinkwassernetz in Kriegszeiten bestmöglich zu betreiben und die Versorgung für die Ukrainerinnen und Ukrainer aufrechtzuerhalten. Dazu gehören beispielsweise Wasserwagen, um Trinkwasser auch während Versorgungsunterbrechungen bereitzustellen, sowie Notstromaggregate für die IT-Server und Sensoren zur Überwachung des Leitungsnetzes, um so Rohrbrüche schneller zu registrieren.

Darüber hinaus beraten wir Kyivvodokanal einerseits bei der Prozessoptimierung in den zentralen Wasserwerken, um diese effizienter und resilienter zu betreiben sowie andererseits bei der Etablierung von geografischen Informationssystemen, was auch im Hinblick auf den Wiederaufbau wichtig ist.

Der fachliche Austausch spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in dieser Partnerschaft. Regelmäßige Videokonferenzen und Hospitationen in Hamburg ermöglichen den Austausch von Know-how und Erfahrungen zwischen unseren beiden Unternehmen. So können wir gemeinsam Lösungen entwickeln.

Im März 2024 durfte ich eine Delegation von Kyivvodokanal bei uns auf dem Hamburger Klärwerk begrüßen. Solche Treffen sind elementar wichtig und stärken das übergeordnete Ziel des Projekts, eine solide und dauerhafte Lösung in der Partnerschaft zwischen Kyivvodokanal und HAMBURG WASSER im Rahmen des Solidaritätspaktes und die Zukunft zwischen der Stadt Kiew und den Freien und Hansestadt Hamburg zu schaffen.

Partnerschaft und internationale Zusammenarbeit

Das alles machen wir selbstverständlich nicht allein. Ohne die Betreiberpartnerschaften wäre das alles nicht möglich. Die Betreiberpartnerschaften werden durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert und als Kooperationsprojekt der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Engagement Global in Zusammenarbeit mit dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und German Water Partnership (GWP) umgesetzt. Die Pilotphase des Projektes schließen wir in diesen Tagen ab. Ab Juli starten wir in die zweite Phase, in der wir nicht mehr nur die Betreiber, sondern auch Anlagenbauer und Hersteller aus der Mitgliedschaft von GWP mit in die Umsetzung einbeziehen wollen.

In Zeiten des Konflikts zeigt sich wahre Solidarität. Unsere Partnerschaft mit Kyivvodokanal ist ein Beispiel dafür, wie Städte zusammenarbeiten können, um das Leben der Menschen zu verbessern. Als Netzwerk der international tätigen deutschen Wasserwirtschaft ermöglicht GWP zahlreiche ähnlich gelagerte Projekte. Mit unseren vielen internationalen Partner:innen arbeiten wir gemeinsam an innovativen Lösungen für die Herausforderungen in unserem Umgang mit Wasser.

 

Wasser verbindet uns alle – und es ist unsere Pflicht, es zu schützen und zu sichern.

Ich freue mich, gemeinsam mit Ihnen diese und alle weiteren Herausforderungen der nächsten Jahre anzugehen und meinen Teil dazu beizutragen.