Vom Produkt in den internationalen Markt | Die Vorstandskolumne

„Die Vorstandskolumne“ ist eine Rubrik, in der Sie aus der Perspektive eines GWP-Vorstandsmitglieds über relevante Themen aus dem Wassersektor informiert werden. Die 26. Ausgabe der Reihe kommt von Prof. Dr-Ing. Sven Uwe Geissen.

Prof. Dr.-Ing. Sven Uwe Geissen, GWP-Vorstandsmitglied

Wir Mitglieder von German Water Partnership e.V. (GWP) transportieren und, dies gilt für die nicht-wissenschaftlichen Mitglieder, verkaufen unsere Produkte, Dienstleistungen und Prozesse in die weltweiten Märkte. Dies verbessert einerseits den Schutz der Umwelt und generiert andererseits Arbeitsplätze und Einkommen, auch in den Zielländern. Eigentlich eine hervorragende Situation!

Aber warum ist es so schwer international erfolgreich zu sein?

Neben den bürokratischen Hürden in den Zielländern, die wir bei dem Transport von zwei Containeranlagen nach Tunesien kürzlich erneut erleben konnten, sind es die Finanzierung, die hohe Qualität und damit der Kaufpreis der deutschen Lösungen sowie ihre begrenzte Bekanntheit, die den internationalen Vertrieb erschweren. In Bezug auf die Bekanntheit leistet GWP bereits viel für seine rund 300 Mitglieder. Durch unsere Aktivitäten in den Regionalforen und Projekten sowie die Präsenz unter unserer etablierten Dachmarke auf Messen und Veranstaltungen wird die Bekanntheit der Produkte und Leistungen ständig verbessert. Nun stellt sich die Frage, wie wir auch den anderen drei Herausforderungen besser entgegentreten können.

Bürokratische Herausforderungen in den Zielländern

Bürokratische Hürden können den Marktzugang erheblich erschweren. Dazu zählen beispielsweise umfangreiche Zertifizierungen und Konformitätsnachweise, Zollvorschriften und Einfuhrbeschränkungen, aber auch sprachliche und kulturelle Barrieren oder Korruption. Deren Abbau ist nur politisch möglich und es hilft erfahrungsgemäß mit lokalen Partnern eng zu kooperieren. Beispielsweise pflegt GWP langfristig angelegte, internationale Partnerschaften auf Augenhöhe, wie aktuell die Kammer- und Verbandspartnerschaft GAPWAS mit der African Water and Sanitation Association (AfWASA).

Für den Erfahrungsaustausch im GWP-Netzwerk stehen allen Mitgliedern die Sitzungen der acht Regionalforen zur Verfügung. Der allgemeine Austausch ist ein fester Bestandteil der Sitzungen, für den immer Zeit reserviert wird.

Finanzierung

Demonstrationsanlage zur Wertstoffgewinnung aus Abwasser der Olivenölproduktion in Sfax, Tunesien

In einigen Märkten besteht ein großer Bedarf an Wasserprojekten, aber die Finanzierung ist unsicher oder nicht vorhanden. Dazu kommen Währungsrisiken und Zahlungsausfälle, die das Geschäftsrisiko erhöhen. Hier ist die aktive Mitwirkung des Verbandes nur bedingt möglich. Im ersten Schritt müssten die bestehenden Kontakte ausgebaut werden. Insbesondere zu den bekannten internationalen Mittelgebern aber auch bspw. zu der Asian Development Bank, an der Deutschland als Gründungsmitglied mit 4,3 Prozent Kapital beteiligt ist. Die von GWP-Mitgliedern angebotenen Lösungen und Erfahrungen zur Digitalisierung, Energieeffizienz, Bewässerung, Betreiberpartnerschaften u.v.m. sind Themen, an denen diese Institutionen sehr interessiert sind. Damit können Investitionen eine sichere, nachhaltige und langfristige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung über viele Jahre gewährleisten.

Qualität und Preis

Die deutsche Wasserwirtschaft steht für Qualität, Zuverlässigkeit und Innovation. Das „Made in Germany“ seinen Preis hat, ist jedem, auch im Ausland, bekannt. Viele wissen auch, dass die Kosten und die Zuverlässigkeit über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Prozesses die Bewertungskriterien sein sollten; sowohl aus ökonomischer Sicht als auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Trotzdem ist es noch weit verbreitete Praxis, die Gesamtkosten in der Bewertung von Ausschreibungen nicht hinreichend zu berücksichtigen.

Eine wichtige Rolle spielen die Ingenieurbüros, die für die Auftraggeber Lösungen ausarbeiten. Ich habe in Ägypten beim Besuch mehrerer Ingenieurbüros in der Kläranlagenplanung mehrfach die gleiche Technologie, die von einem internationalen Konzern vermarktet wird, gesehen. Dem Konzern ist gelungen, diese Technologie durch die Einbindung der Ingenieurbüros, Universitäten und Forschungsinstitutionen sowie der Installation von Referenzen fest im ägyptischen Markt zu etablieren. Für GWP bedeutet das, diese Potentiale anzugehen und in den Zielländern, neben den öffentlichen und privaten Auftraggebern, die Planer stärker in den Fokus der Aktivitäten zu rücken.

Markteintritt

Der „ShowCase India“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass GWP-Mitglieder gemeinsam Lösungen vor Ort aufzeigen. Im Idealfall wird dies durch Aus- und Weiterbildung sowie eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit flankiert. Einzelne Beispiele dafür gibt es in der gesamten Mitgliedschaft und in einigen Zielregionen. Lassen Sie uns die Stärke unseres Netzwerks auch nach außen besser darstellen, indem wir die vielfältigen Aktivitäten und die umfängliche Expertise der Mitgliedschaft zusammenführen und zum nachhaltigen Schutz der Umwelt, einer sicheren Wasserversorgung, zum Wissensgewinn und zum Erzielen von Einnahmen einsetzen.