Die deutsche Wasserwirtschaft bietet technologische Innovationen und Know-how, die das Potenzial haben, zur Verbesserung der Wasserver- und Abwasserentsorgung weltweit – und damit zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele – beizutragen. German Water Partnership (GWP) bündelt die Expertise unterschiedlicher Stakeholder. Entdecken Sie im Interview mit Douglas Lees, wie HST Systemtechnik GmbH & Co.KG durch systemische Ansätze und digitale Innovationen neue Wege in der Wasser- und Energiewirtschaft geht. Erfahren Sie, wie globale Projekte und die Mitgliedschaft bei GWP Unternehmen auf der internationalen Bühne stärken kann. Herr Lees verrät, warum Zusammenarbeit gerade in Zeiten des Wandels entscheidend ist und wie die Arbeit so sogar Spaß machen kann.

Herzlich willkommen bei German Water Partnership, Herr Lees! HST Systemtechnik GmbH & Co.KG hat ein breites Portfolio an Ingenieurslösungen im Bereich der Energie- und Wasserwirtschaft. Würden Sie dieses kurz vorstellen?
Seit mehr als 40 Jahren widmet sich HST Systemtechnik der Problematik der Umweltverschmutzung durch die Einleitung von Mischwasser in Oberflächengewässer. Für den Fall, dass bei Starkregenereignissen Kläranlagen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und es keine Möglichkeit gibt, zusätzliches Abwasser zu behandeln, haben wir nach Lösungen gesucht. Dabei war es uns wichtig bestehende Infrastruktur zu nutzen. Neue Betonspeicherbecken sind nicht immer umsetzbar und meist mit sehr hohen Kosten verbunden. Ausgehend von unseren Ursprüngen in der Planung von Regenrückhaltebecken in den frühen 80er Jahren haben wir uns dann auf die Konstruktion von spezialisierten Edelstahlmaschinen konzentriert. Deren Nutzen liegt in der Maximierung von Speicherkapazitäten nicht nur von Regenrückhaltebecken, sondern von gesamten Kanalnetzen. Damit war die Lösung für das ursprüngliche Problem gefunden: An den richtigen Standorten eingesetzt, kann das spezialisierte Equipment dabei helfen, Mischwasserüberläufe erheblich zu reduzieren.
Welche Rolle spielte die Digitalisierung bei der Weiterentwicklung Ihrer Produkte und Dienstleistungen, und wie haben Sie diese Technologien in Ihre Systeme integriert?
Mitte der 80er Jahre haben die Gründer von HST die neuen Möglichkeiten der Datenverarbeitung erkannt und für sich genutzt: Daten von Messwerten wie beispielsweise von Betriebsständen und Durchflussraten könnte zur Effizienzsteigerung von Maschinen und Anlagen im Bereich des Wasserressourcenmanagements genutzt werden. Das war der Startschuss für HST Systemtechnik, Steuerungssysteme für Pumpstationen, Prozessleitsysteme für Kläranalagen und Wasseraufbereitungsanlagen zu entwickeln. Hier begann unsere digitale Transformation: Maschinen und Anlagen wurden miteinander vernetzt und automatisiert.
Heute nennen wir unsere Philosophie IntelliNet, was für das intelligente Management von Abwassernetzen steht. Unsere hochwertigen Präzisionsmaschinen nutzen hochauflösenden Wettervorhersagedaten aus unserem Niederschlagsportal NiRA.web. So können wir gezielt die Bereiche des Abwassernetzes entwässern, die am ehesten von starken Niederschlägen betroffen sind.
Angesichts der Tatsache, dass Pumpen weltweit die Hauptverbraucher von Energie sind, haben wir vor mehr als einem Jahrzehnt damit begonnen, über bessere Betriebsweisen nachzudenken. Unser Ziel war es, die Effizienz unserer Pumpen zu steigern und gleichzeitig den Wartungsaufwand zu reduzieren. Energieeffizienz ist seit langem ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der aktuellen geopolitischen und klimatischen Lage, und wie stellt sich HST Systemtechnik GmbH & Co.KG diesen Herausforderungen durch Ihre Technologien und Systeme?
Ein instabiler werdendes Klima und eine unsichere geopolitische Lage machen es zunehmende notwendig, wie wir zur Energieunabhängigkeit unserer kritischen Infrastruktur im Wasserbereich beitragen können. Der systemische Ansatz, den HST Systemtechnik über Jahrzehnte entwickelt hat erlaubt dabei die Funktion der von uns abgestimmten Systeme zu optimieren. Dies ist entscheidend, um die Abhängigkeit von Netzenergie bei Systemen wie Kläranlagen, den primären Energieverbrauchern der meisten Gemeinden, zu reduzieren.
Im Sinne der Energiesicherheit haben wir Energiemanagementsysteme (EMS) entwickelt, die unter bestimmten Bedingungen Prozesse priorisieren können, um einen stabilen und optimalen Betrieb der Anlagen zu gewährleisten. Das EMS nutzt einen integrierten systemischen Ansatz zur Optimierung. Durch die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien in kritischen Infrastrukturen kann der Einsatz intelligenter EMS die Energieunabhängigkeit von Anlagen deutlich verbessern. Dies geschieht durch kontinuierliche Anpassung und Optimierung des Systems in Bezug auf äußere Bedingungen wie meteorologische Veränderungen und interne Faktoren wie pH-Wert, Leitfähigkeit und Durchflussrate.
Die Integration von Teilsystemen wie Pumpstationen, Wasserversorgungs- oder Abwassernetzen sowie Wasseraufbereitungs- oder Kläranlagen mit unseren EMS, der hochauflösenden Wettervorhersagesoftware (NiRA.web) und der Anomalie-Erkennungssoftware ermöglicht ein optimales Management jedes einzelnen Teilsystems. Darüber hinaus kann so das übergeordnete System, IntelliNet, insgesamt effizient maximiert werden.
Ziel ist es, lernende Systeme zu schaffen, die nach Anomalien oder Ausfällen eine schnelle Wiederherstellung steuern können. In kritischen Entscheidungsprozessen werden diese aber weiterhin von der Eingabe menschlicher Intelligenz abhängig sein, um unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden.
Vernetzung und ganzheitliche Lösungen spielen für Ihre Arbeit eine große Rolle. Was sind die Vorteile dieses Ansatzes gegenüber der Spezialisierung auf kleinteilige Prozessschritte und spezifische Produkte. Was sind die Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer systemischen Vision und wie trägt HST dazu bei?
Das war ein jahrzehntelanger Prozess mit vielen kleinen Schritten, der uns von einzelnen Produkten zur umfassenden HST-IntelliNet-Philosophie geführt hat. Das eine wäre ohne das andere nicht möglich gewesen. Zweifelsohne hat die Kombination aus elektronischem Ingenieurwesen, Maschinenbau und Digitalisierung, uns den entscheidenden Vorteil verschafft, Systeme ganzheitlich zu betrachten, zu analysieren und zu steuern.
Die größte Herausforderung bei der Umsetzung einer systemischen Vision liegt in der Gefahr, isoliert zu denken. Bei HST Systemtechnik werden freies Denken und Kreativität gefördert und den Mitarbeitenden wird ein hohes Maß an Vertrauen und Unabhängigkeit gewährt. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer systemischen Vision sind damit real, aber bewältigbar. Sie werden täglich von hunderten engagierten und qualifizierten Kolleginnen überwunden. Bei HST arbeiten Expert:innen aus den Bereichen Elektronik- oder Maschinenbau, Programmierung, Wissenschaft, Betriebswirtschaft, Projektmanagement sowie der praktischen Installation, Service und Wartung zusammen an ganzheitlichen Lösungen.
Ein zentraler Erfolgsfaktor für uns ist die Integration und Nutzung vielfältiger Talente und Kompetenzen. Durch diese Zusammenarbeit können wir nicht nur innovative Lösungen entwickeln, sondern auch sicherstellen, dass diese Lösungen nahtlos in bestehende Systeme integriert werden und effektiv funktionieren.
Unser Engagement für ständige Weiterbildung und berufliche Entwicklung stellt sicher, dass unsere Mitarbeitenden stets auf dem neuesten Stand der Technik sind und ihre Fähigkeiten kontinuierlich verbessern können.
Fachkräftemangel, Digitalisierung und Klimawandel – globale und nationale Trends wirken sich auch auf die Wasserbranche aus. Wo spüren Sie die Auswirkungen und wie begegnen Sie diesen?
Fachkräftemangel ist vorherrschend. Eine Möglichkeit, die wir gefunden haben, um diesem zu begegnen, ist das Anbieten von zertifizierten Lehrgängen zur Digitalisierung im Management von Wasserressourcen. Wir bieten auch überbetriebliche Ausbildung an: entweder an unserem Hauptsitz, in unseren verschiedenen Niederlassungen in ganz Deutschland oder bei den Unternehmen, die eine Schulung wünschen.
Diese Zertifikatslehrgänge sind darauf ausgelegt, das Wissen und die Fähigkeiten unserer Mitarbeitenden sowie externer Fachkräfte zu erweitern und sie auf die Herausforderungen der modernen Wasserwirtschaft vorzubereiten. Durch diese Maßnahmen stellen wir sicher, dass unsere Teams stets über die neuesten Technologien und Methoden informiert sind und diese effektiv anwenden können.
In welchen Ländern sind Sie weltweit aktiv und warum sind diese Märkte für Sie besonders interessant?
Wir sind in vielen Ländern weltweit aktiv und expandieren stetig. Wir haben Tochtergesellschaften und Partnerschaften in China, Vietnam, Singapur, Kasachstan, Ägypten, Frankreich, Spanien, der DACH-Region, Polen, Tschechien und Dänemark und gewinnen jedes Jahr weitere hinzu.
Um den zweiten Teil der Frage zu beantworten, möchte ich zwei Projektbeispiele nennen: Im Bereich der Wasserversorgung und Bewässerung in Ägypten haben wir das Value Engineering, die Sensorplatzierung und die Leckageerkennung für eine neue Stadt mit 3,4 Mio. Einwohner:innen durchgeführt (die Administrative Capital for Urban Development von Neu-Kairo). In Österreich, Polen und Vietnam planen wir Megaprojekte im Bereich der städtischen Entwässerung und Speicherung von Mischwasser. (In Graz wurde im letzten Jahr der Zentrale Speicherkanal in Betrieb genommen, der 80.000 m³ Mischwasser entlang des linken Murrufers über 8 km speichert.)
Ob in Ägypten, Österreich, Polen oder Vietnam, ob in der Wasserversorgung, Leckageerkennung oder Kanalnetzbewirtschaftung, wir verfügen über ein breites Spektrum an Fachwissen, das fast überall Märkte findet. Besonders interessant sind Märkte für uns, wenn eine Herausforderungen intellektuell komplex sind und ausgefallene Lösungen verlangen. Auch die Beziehungen zu unseren Partner:innen sind ein ausschlaggebender Faktor. Dank unserer hervorragenden Beziehungen und Partnerschaften wird die Arbeit an Projekten häufig zu einem Vergnügen. Schließlich gehört auch Spaß zur Arbeit dazu!

Die Mitgliedschaft bei German Water Partnership bietet vielfältige Möglichkeiten der Sichtbarkeit und Zusammenarbeit. Welche konkreten Vorteile erhofft sich HST Systemtechnik GmbH & Co.KG von der Mitgliedschaft und wie möchten Sie zur Stärkung des Netzwerks beitragen?
Unsere Partner:innen bei GWP nutzen ihre Erfahrung und Kreativität jeden Tag, um Lösungen für die Herausforderungen unserer Branche zu finden. Die Möglichkeit, dass diese talentierten Köpfe im Rahmen der Mitgliedschaft zusammenarbeiten, sehen wir als bedeutenden Vorteil für unsere Weiterentwicklung auf nationaler und internationaler Ebene. Im Gegenzug bringen wir gerne einen übergreifenden systemische Blick auf Probleme sowie einen fachkundigen Ansatz bei der Projektidentifikation, -akquise und -umsetzung mit ein. Hierdurch erhoffen wir uns, die Partnerschaft zu stärken. GWP-Partner:innen können sich gegenseitig unterstützen und durch die Integration ihrer Technologien und Fähigkeiten, Systeme verbessern.
Ein zentrales Ziel besteht darin, das weltweit führende Wissen Deutschlands im Bereich Wasserressourcenmanagement zu nutzen, um die Exportwirtschaft im Sektor Umwelttechnologien voranzubringen. Dies ist besonders wichtig, da Deutschland und Europa derzeit mit wirtschaftlicher Stagnation und zahlreichen Herausforderungen konfrontiert sind.
Wir laden Sie ein, Kontakt zu HST Systemtechnik GmbH & Co.KG aufzunehmen und sich über deren innovative Lösungen und Expertise zu informieren.
Sie möchten Ihr Unternehmen ebenfalls in Form eines Interviews vorstellen? Dann kontaktieren Sie gerne Rebekka Neef.