GWP-Days als Chance zur Geschäftsentwicklung am Beispiel Türkei | Die Vorstandskolumne

„Die Vorstandskolumne“ ist eine Rubrik, in der Sie monatlich aus der Perspektive eines GWP-Vorstandsmitglieds über relevante Themen aus dem Wassersektor informiert werden. Autor der zwölften Ausgabe ist Hans-Joachim Werner.

Dipl.-Ing. Hans-Joachim Werner, GWP-Vorstandsmitglied

Wir werden häufig von interessierten Firmen gefragt: „Was haben wir eigentlich von einer Mitgliedschaft bei GWP?“ Ohne Umschweife kann man wohl darauf antworten: „Ein hervorragendes Netzwerk!“ und „Sehr viele attraktive Angebote für Geschäftsentwicklung im Ausland!“ Zu diesen vielfältigen Angeboten, die großenteils von den Mitgliedern selbst gestaltet werden, gehören u.a. die GWP-Days. GWP-Days sind ein- oder mehrtägige Veranstaltungen, die aus den Regionalforen heraus organisiert werden und in den jeweiligen Zielländern stattfinden. Entstanden sind diese bereits 2011 im Regionalforum Türkei, in dem der Wunsch nach der Vernetzung mit Entscheidungsträgern im Zielland kommuniziert wurde.

GWP-Days in der Türkei

Im Forum wurde dann im Mitgliederkreis diskutiert, wie man diesem Anspruch bestmöglich gerecht werden könne. Ergebnis war der 1. GWP-Day 2011 in Ankara. Um die Nähe zu den Gastgebenden herauszustellen, wurde die Veranstaltung Turkish-German-Water-Partnership-Day (TGWP-Day) genannt. GWP-Days werden mittlerweile von verschiedenen Regionalforen durchgeführt. Sie sind kein vom Vorstand oder anderen Gremien des Vereins vorgegebenes Format, sondern individuell von den jeweiligen Mitgliedern der Foren selbst gestaltete Veranstaltungen. Im Regionalforum Türkei entschied man sich für ein Format ähnlich einer Fachtagung, mit Podiumsdiskussionen, Vortragsblöcken und – um den direkten Austausch mit Entscheidungsträgern zu gewährleisten – Roundtable-Diskussionen. Mittlerweile wurden allein durch das Regionalforum Türkei sieben TGWP-Days durchgeführt. Auf Ankara folgten Istanbul, Izmir, Antalya, Konya, Mersin und Eskisehir. Gastgebende waren jeweils die lokalen Betreiber der Wasserver- und Abwasserentsorgung.

Zur Themenfindung stimmt sich das Forum im Vorfeld intensiv mit den jeweiligen Gastgebenden ab. So wird sichergestellt, dass das Programm die aus lokaler Sicht relevanten Wasserthemen widerspiegelt. Die teilnehmenden Mitgliedsunternehmen haben so die Möglichkeit ihr spezielles Fachknowhow genau zu diesen lokalen Themen zu präsentieren.

Austausch und Vernetzung mit lokalen Entscheidungsträgern

Panel-Diskussion auf dem Turkish GWP-Day 2017

Es wird stets großer Wert daraufgelegt, dass viel Raum für direkte Gespräche geboten wird. Diese können entweder in den Räumlichkeiten für Posterausstellungen der Mitgliedsunternehmen oder in eigens abgestimmten Matchmaking-Terminen stattfinden. Abends findet ein gemeinsames Abendessen für die teilnehmenden GWP-Mitgliedsunternehmen und die türkischen Partner statt.
So ergaben sich in der Vergangenheit für die teilnehmenden Mitgliedsunternehmen bereits viele interessante neue Kontakte zu Entscheidungsträgern. Dem Wunsch nach Kontaktanbahnung und Vernetzung der Mitglieder konnte so entsprochen werden.

Die Resonanz der teilnehmenden Mitgliedsunternehmen auf die TGWP-Days war sehr positiv. Nach Auskunft der Firmen konnte gutes Geschäft generiert werden. Auch von türkischer Seite war die Resonanz positiv. Anfangs wurde mit ca. 100 Gästen kalkuliert. Diese Zahl wurde bereits bei der zweiten Veranstaltung überschritten. Bei der bisher letzten Veranstaltung in Eskisehir konnten wir über 250 Gäste begrüßen, von denen ein großer Teil Entscheiderinnen und Entscheider der türkischen Betreiber waren. Heute erhalten wir von der türkischen Seite regelmäßig Anfragen, wann der nächste GWP-Day geplant sei und ob man Gastgebende werden könne.

Die Zukunft türkischer GWP Days und Marktpotenziale im Land

Die politischen Umstände in der Region, seit 2020 aber auch die pandemische Situation, hat eine Fortführung der Veranstaltungen bisher nicht mehr zugelassen, obwohl die Mitgliedsunternehmen die Türkei nach wie vor für einen interessanten Markt halten. Die Bedeutung der Geschäftsbeziehungen zur Türkei aus deutscher Sicht untermauert auch ein Zitat von der offiziellen Webseite des Auswärtigen Amtes: „Deutschland ist wichtigster Handelspartner und einer der größten ausländischen Investoren in der Türkei. 2020 betrug das bilaterale Handelsvolumen 36,6 Milliarden Euro. Die Zahl deutscher Unternehmen bzw. türkischer Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in der Türkei beträgt über 7.400. Die 2018 gegründete Bilaterale Wirtschafts- und Handelskommission (JETCO) und das Deutsch-Türkische Energieforum dienen als Plattform für Dialog zwischen Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft beider Länder.“

Preisverleihung auf dem Turkish GWP-Day in 2017

Der Bedarf und die Potentiale für Projekte im Bereich der Wasserwirtschaft sind nach wie vor riesig. Man muss aber wissen, dass man in der Türkei auch in der Wasserwirtschaft auf einen „echten“ Markt trifft, d.h. lokal finanzierte Projekte werden über Ausschreibungen vergeben. Die aktuelle Wirtschaftskrise und damit verbunden die Schwäche der türkischen Lira machen diesen Markt leider noch schwieriger. Nichtsdestoweniger ist deutsches Knowhow und deutsche Technologie in der Türkei nach wie stark nachgefragt. Die größten Chancen für deutsche Unternehmen ergeben sich bei Projekten mit deutscher Förderung. Das Regionalforum Türkei, unterstützt von der GWP-Geschäftsstelle, recherchiert deshalb regelmäßig die Fördermöglichkeiten. Die Mitgliedsfirmen werden dann z.B. in den Sitzungen des Forums darüber informiert. In der 34. Sitzung des Forums am 04.05.2021 trug z.B. Frau Charlotte Dieterrich vom BMU zu Fördermöglichkeiten im Rahmen der Exportinitiative Umwelttechnologien ihres Hauses vor. Dabei wurde klar herausgestellt, dass nicht die politische Situation, sondern der Nutzen für die Umwelt den Ausschlag für eine Zuwendungsfähigkeit für ein Projekt gibt.

Abschließend ein kleines Beispiel: In der Folge der GWP-Days in Antalya und anschließend in Konya ergab sich z.B. für ein Mitgliedsunternehmen ein Kontakt, der dazu führte, dass vom lokalen Betreiber ASAT für die Kläranlage Antalya Hurma (1,5 Mio. EW) eine Energieanalyse nach dem Arbeitsblatt DWA A 216 beauftragt wurde. Die Studie ergab letztlich Energieeinsparpotentiale von 7,2 TWh/a an elektrischer und über 34 TWh/a an thermischer Energie. Die ASAT hatte Interesse eine zweite Studie für ihre Kläranlage Lara zu beauftragen. Vor allem hätte sie aber Folgeprojekte aus der Studie entwickeln wollen und würde dabei gerne deutsche Technologie, die in diesem Bereich bekanntlich große Stärken vorzuweisen hat, nutzen. Der Verfall der Lira stand dieser Entwicklung bisher im Wege. Eine deutsche Förderung könnte hier helfen.

Sollte nun Ihr Interesse am hochinteressanten Land Türkei geweckt worden sein, dann möchte ich Sie hiermit herzlichst zur nächsten Sitzung des Regionalforums Türkei einladen, das am 01.03.2022 voraussichtlich online tagen wird!