EZ-Scout: Impulse setzen

Ann-Ulrike Henning berät als EZ-Scout des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bei German Water Partnership Unternehmen zu nachhaltigen Projekten im Ausland und Fördermöglichkeiten im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Dabei hat sie die Verbindungen des GWP-Netzwerks zu Institutionen der EZ maßgeblich vorangetrieben. Wir blicken auf die letzten acht Jahre und den Mehrwert von EZ-Angeboten für die Außenwirtschaftsaktivitäten deutscher KMU.

 

Frau Henning, warum sucht die Entwicklungszusammenarbeit den Schulterschluss mit der Wirtschaft?

Seit 2011 in der GWP-Geschäftsstelle in Berlin tätig: EZ-Scout Ann-Ulrike Henning. Foto: GWP

Henning: Die Weltgemeinschaft hat sich auf 17 Ziele verständigt, um Wirtschaft und Leben nachhaltiger zu gestalten. Wir werden diese Nachhaltigkeitsziele nur erreichen, indem Regierung, Unternehmen und Zivilgesellschaft noch enger in Partnerschaften zusammenarbeiten. Bei dem Schulterschluss von EZ und Wirtschaft geht es um Fragen der Finanzierung, Know-how-Transfer, um Ressourcen und darum, wie Lösungsansätze eigentlich konzipiert werden. Was es noch braucht: nachhaltige und langlebige Technologien müssen für Entwicklungs- und Schwellenländer adaptiert, bekannter und verfügbar gemacht werden.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt die deutsche Wirtschaft bei ihrem Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländern. Einer der Ansätze ist das EZ-Scout-Programm. Meine EZ-Scout-Kollegen in Kammern, Verbänden und Ländervereinen und ich sind Verbindungsreferenten. Meine Arbeit in der GWP-Geschäftsstelle hat mir gezeigt, dass es sinnvoll ist, nah dran zu sein an den Themen und Entwicklungen in der Wirtschaft.

Und andersherum gefragt, warum brauchen deutsche KMU eigentlich EZ-Scouts?

Henning: Im Kern meiner Arbeit stehen die Anfragen deutscher Mittelständler im Wassersektor zu Projekten in Entwicklungs- und Schwellenländern. Der Einstieg in einen ausländischen Markt ist unbekanntes Terrain für Unternehmen. In enger Abstimmung mit der GWP-Geschäftsstelle berate ich Unternehmen zu den Rahmenbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern, den Unterstützungsangeboten des BMZ und anderer Bundesministerien, globalen politischen Agenden und last but not least zu ganz konkreten Kooperationspotenzialen. Viele nehmen die Unterstützung gerne an.

Oft haben die Unternehmen eine Projektidee, aber noch nicht so konkrete Umsetzungsansätze. Ich spreche dann mit Kollegen, beispielsweise aus der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) oder der Auslandshandelskammern (AHK) und höre mich in meinem Netzwerk um. Oft mache ich ein Vorgespräch, bevor ich einen Kontakt vermittele, um zu sehen, ob es passt. Das ist nicht immer so und es kann schon sehr aufwändig sein, solche Anfragen zu beantworten. Aber ich verstehe das als meinen Auftrag und meistens gibt es etwas, das man mit zurückbringen kann.

Was wird besonders nachgefragt und welche EZ-Instrumente für Unternehmen im Auslandsgeschäft sind relevant?

Henning: Die wichtigsten Punkte sind Informationen, Finanzierungen, Kontakte und Projekte.

Die Entwicklungszusammenarbeit in Kooperation mit der Außenwirtschaftsförderung bieten Informationen an, auch in enger Zusammenarbeit mit Germany Trade and Invest (GTAI), wo beispielsweise Ausschreibungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die für den Wassersektor wichtig sind, früh veröffentlicht werden. Ein anderes Beispiel ist die Publikationsreihe „Neue Märkte, Neue Chancen“, die Informationen über Märkte und Ansprechpartner vor Ort bündelt. Das Flaggschiff des BMZ, wenn ich so sagen kann, im Bereich gemeinsamer Projektentwicklung, -finanzierung und -umsetzung ist das Programm develoPPP.de, über das in den letzten 20 Jahren etwa 2400 Projekte gefördert wurden.

Im Bereich Fachkräfte gibt es einen bunten Blumenstrauß an Unterstützungsangeboten, von der Vermittlung einzelner Experten über Kammer- und Verbandspartnerschaften – dieses Instrument nutzt GWP erfolgreich bereits zum dritten Mal – bis hin zu einem Alumni-Portal. Mit dem Global Business Network und dem ExperTS Programm, das Fachkräfte mit entwicklungspolitischem Wissen an AHKn entsendet, und der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung in Berlin bietet die EZ ein Netzwerk mit Ansprechpartnern für deutsche Unternehmen weltweit. Bei wem diese Stichworte Interesse wecken, der schaue bitte auf die GWP-Webseite für weitere Informationen.

Haben sich die Anfragen über die Jahre verändert?

Henning: Ja, die Themenschwerpunkte haben sich geändert. Am Anfang gab es viele Fragen zu dem „Dschungel“ aus Programmen und Angeboten: „Was machen denn develoPPP.de, die GIZ, die KVP (Kammer- und Verbandspartnerschaften), der SES (Senior Experten Service)? Was bringt es uns überhaupt, die Entwicklungszusammenarbeit besser zu verstehen?“

Recht schnell ging es zusätzlich um grundsätzliche Fragen wie die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Ausschreibungen in Vorhaben der Finanziellen Zusammenarbeit und darum, wie die Mechanik dahinter und auch wie die Rückkopplung zwischen den EZ-Institutionen und der Wirtschaft funktioniert. Ich bekomme übrigens auch viele Anfragen von Kollegen aus EZ-Institutionen, wie sie Unternehmen in ihre Arbeit einbinden können.

 

„Über die Jahre betrachtet gibt es ein besseres Verständnis der beiden Welten Wirtschaft und EZ für einander.“

 

Was waren Highlights in Ihrer Arbeit bei GWP?

Henning: Da gab es viele. Zunächst mal bekomme ich viele Unternehmens-Anfragen, die ich mit der Entwicklungszusammenarbeit vernetzen kann. Zudem bin ich in viele Prozesse eingebunden, die auch seitens der Geschäftsstelle vorangebracht werden, und kann mein Wissen und mein Netzwerk einbringen. Ich konnte viele Impulse setzen: Referenten aus der Entwicklungszusammenarbeit zu GWP-Gremien einladen und andersherum. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht immer. 2018 habe ich einen – wie die Teilnehmer und ich finden – tollen Workshop zu Anti-Korruption im Wassersektor organisiert, der gut angenommen wurde. Ich habe GWP-Mitglieder begleitet, als diese die Kompetenzen des deutschen Wassersektors bei der Weltbank und der EU-Kommission präsentiert und engagiert Ansätze der Erhöhung der Nachhaltigkeit der Entwicklungszusammenarbeit diskutiert haben.

Hier ein ganz konkretes Beispiel des Mehrwerts der Kooperation: Die AHK Rio de Janeiro hat im Rahmen des ExperTS-Programms einen Fortbildungslehrgang Industriewassermanager gestartet und dafür Experten gesucht, die den Lehrplan erarbeiten. Zusammen mit einem GWP-Kollegen habe ich in einem GWP-Arbeitskreis nachgefragt und ein Mitglied von GWP konnte die Aufgabe übernehmen. Für das schon gut in Brasilien vernetzte Unternehmen haben sich so neue Arbeitsbereiche und ein Folgeauftrag ergeben. Eine Universität, ebenso GWP-Mitglied, war zusätzlich eingebunden was einen schönen Schulterschluss zwischen Wirtschaft und Forschung ermöglichte. Und das Projekt lief super.

Ein weiteres Highlight sind natürlich die Betreiberpartnerschaften. Hier wurde eine ganz neue Kooperation geschaffen. Das BMZ hat die vom GWP Arbeitskreis „Betrieb und Bildung“ entwickelte Idee der Betreiberpartnerschaften aufgegriffen und seit Sommer diesen Jahres laufen die ersten vier Pilotpartnerschaften in Sambia, Jordanien, Marokko und Ukraine. Die Betreiberpartnerschaften habe ich über viele Jahre in der Entwicklung und auch in der Etablierung des BMZ-Programms eng begleitet. Aus EZ-Sicht leistet es einen ganz entscheidenden Beitrag dazu, die Kompetenzen der kommunalen Wasserver- und -entsorger über einen Peer-to-Peer-Austausch für unsere Partnerländer in Wert zu setzen. Und ich möchte noch einen Blick auf den Entstehungsprozess werfen, bei dem sehr motivierte und kooperativ eingestellte tolle Kollegen aus deutschen Betreibern, der GIZ und KfW sehr eng zusammengearbeitet haben. Diese Erfahrung wird mich noch lange begleiten.

Allgemein finde ich die Offenheit vieler GWP-Mitglieder, der GWP-Geschäftsstelle sowie Experten aus der Entwicklungszusammenarbeit toll, sich immer wieder aufzumachen, um Kooperationen zu suchen. Wenn ich das über die Jahre betrachte: Da gibt es ein besseres Verständnis der beiden Welten Wirtschaft und EZ für einander, da tauschen Akteure Information aus und diskutieren, da entstehen gemeinsame Projekte – das sind für mich andauernde Highlights.

Frau Henning, Sie verlassen GWP zum Ende des Jahres 2019 …

Henning: Ja. Und ich möchte mich gern bei allen Experten aus dem GWP-Netzwerk und der Entwicklungszusammenarbeit für die sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken. Und es geht mit Maria König in anderer aber ebenso kompetenter Besetzung ab Januar 2020 ja auch weiter mit dem EZ-Scout-Einsatz in der GWP-Geschäftsstelle.

Frau Henning, vielen Dank für das Gespräch.

 

Ann- Ulrike Henning
arbeitet seit 2006 in der Entwicklungszusammenarbeit, darunter für InWEnt, die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Seit 2011 ist sie EZ-Scout bei German Water Partnership.