Energieeffizienz in der Wasserwirtschaft | Die Vorstandskolumne

„Die Vorstandskolumne“ ist eine Rubrik, in der Sie aus der Perspektive eines GWP-Vorstandsmitglieds über relevante Themen aus dem Wassersektor informiert werden. Die 18. Ausgabe der Reihe übernimmt Ingo Hannemann.

Ingo Hannemann, Technischer Geschäftsführer HAMBURG WASSER und Mitglied des geschäftsführenden Vorstands von German Water Partnership e.V. © HAMBURG WASSER

Energieeffiziente Wasserwirtschaft – ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt und das wir bei German Water Partnership e.V. (GWP) in vielen unterschiedlichen Projekten auf nationaler und internationaler Ebene vorantreiben. Als neues Mitglied des Vorstands habe ich nicht lange überlegen müssen und ausgesprochen gern die Patenschaft für den Arbeitskreis Wasser und Energie übernommen.

Neben dem spürbar voranschreitenden Klimawandel hat die aktuelle Lage um den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die damit einhergehende Energiekrise die Dringlichkeit des Themas noch zusätzlich verschärft. Steigende Energiepreise, erhöhter Kostendruck und die angestrebte CO2-Reduktion machen Energieeffizienz für Kläranlagenbetreiber zu einem großen Thema. Darüber lassen sich wichtige Projekte zu Klimaeffizienz und Klimaneutralität ableiten. Als Beispiel hierfür möchte ich Ihnen in einem kurzen Überblick den „Klimaschutzplan 2025“, den wir uns bei HAMBURG WASSER zum Ziel gesetzt haben, vorstellen:

Vision netZERO – von der Energieautarkie zur Netto-Null

Bei HAMBURG WASSER schließt sich der Wasserkreislauf. Aus diesem Kreislaufgedanken heraus wurden bei uns bereits seit 1997 ausgesprochen weitsichtige Projekte der regenerativen Erzeugung von Strom- und Wärmeenergie umgesetzt, um langfristig Energieautarkie für das Unternehmen zu erreichen. Dazu zählen der Betrieb von Windenergie- und Photovoltaikanlagen, die Faulgasaufbereitung und die Klärschlammverbrennung. Neben diesen Maßnahmen zur nachhaltigen Energiegewinnung haben wir auch Einsparpotentiale identifiziert und gehoben. Bis 2025 planen wir weitere Investitionen in Höhe von 50 Mio. Euro für den Ausbau regenerativer Erzeugungsanlagen bei gleichzeitiger Verringerung unseres Eigenstrombedarfs um 3,1 Mio. Kilowattstunden im Vergleich zu heute.

Betrachten wir nur die CO2-Emissionen aus dem Energieeinsatz (Kraftstoff-, Wärme- und Stromverbrauch), zeigt sich, wie erfolgreich HAMBURG WASSER zur Verminderung von Treibhausgasemissionen beigetragen hat: Wurden 1990 noch 108.000t CO2 aus diesen Emissionsquellen emittiert, konnten diese Emissionen durch die oben beschriebenen Maßnahmen und finanziellen Investitionen auf rund 4.000t CO2 jährlich reduziert werden. Über die Einspeisung regenerativ erzeugter Energie in Form von Strom, Biomethan und Fernwärme in externe Netze ist eine Einsparung von gut 15.000t CO2-Emissionen verbunden, die bei der Verwendung fossiler, nicht regenerativer Energien bei Dritten entstehen würden. Damit übersteigen die vermiedenen Emissionen die Unternehmensemissionen aus dem Energieeinsatz deutlich. Darauf ruhen wir uns aber nicht aus: Wir streben echte Netto-Null-Emissionen an. Dafür überprüfen wir zunächst den derzeitigen Bilanzrahmen und die berichteten Emissionen, ob sie die Berichtsstandards[1] sowie gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Die Scope-1-Emissionen analysieren wir kritisch in Hinblick auf Vollständigkeit und nehmen die noch nicht betrachteten sogenannten Scope-3-Emissionen in den Blick. Denn diese indirekten Emissionen, die der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung vor- oder nachgelagert sind, bleiben bei Klimabilanzen häufig außen vor.

Abb. 1: Emissionen nach GWG

Dies alles bildet die Grundlage für unseren Klimaschutzplan. Mit diesem Konzept zeigen wir, in welchem Zeitraum und in welcher Höhe alle direkten und indirekten Emissionen (Scope 1, 2 und 3) reduziert werden, um sie auf ein klimaverträgliches Maß zu begrenzen und konkrete Ziele für den Klimaschutz zu ermöglichen.

HAMBURG WASSER folgt dabei dem Grundsatz, CO2-Emissionen effektiv zu mindern und aktiv an der Bereitstellung regenerativer Energien für Dritte und somit der Vermeidung fossiler Emissionen mitzuwirken. Die Kompensation von Treibhausgasemissionen sieht HAMBURG WASSER als ein letztes Mittel, das zu Recht kritisch betrachtet und vereinzelt bereits als Ablasshandel[2] bezeichnet wird. Aus unserer Sicht brauchen wir daher Anstrengungen in der Branche, um verlässliche technische Lösungen für bislang ungelöste Fragestellungen zu entwickeln.

Auch für eine adäquate Formulierung der Klimaziele und einer Vergleichbarkeit der Ergebnisse benötigen wir eine branchenweit einheitliche Methodik zur Erfassung der Emissionshöhen prozessbedingter Scope 1- und Scope 3-Emissionen. Für HAMBURG WASSER ist vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Klimadebatte und neuer gesetzlicher Regelungen die Formulierung transparenter unternehmerischer Klimaschutzziele von großer Bedeutung.

Über den „Klimaschutzplan 2025“ wird deutlich, dass die wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge eng im Einklang mit dem Klimaschutz steht.

Die Wasserwirtschaft hat aktuell die Pflicht, mit innovativen, zukunftsgerichteten Lösungen aktiv Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, damit Maßstäbe zu setzen und so eine verantwortungsvolle Vorreiterrolle einzunehmen.

Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam Großes bewegen können und lade alle Interessierten GWP-Mitglieder ein, sich an der Arbeit und den Diskussionen in unserem Arbeitskreis Wasser und Energie bei German Water Partnership e.V.

[1] insb. GHG Protocol Corporate Accounting and Reporting Standard („Corporate Standard“)

[2] Quelle: Wie sinnvoll ist die freiwillige CO2-Kompensation? (quarks.de)