Wie nachhaltige Lösungen den Wassersektor prägen | Die Vorstandskolumne

„Die Vorstandskolumne“ ist eine Rubrik, in der Sie aus der Perspektive eines GWP-Vorstandsmitglieds über relevante Themen aus dem Wassersektor informiert werden. Die 39. Ausgabe der Reihe kommt von Michael Drechsler.

Michael Drechsler, GWP-Vorstandsmitglied © Melendez

Das eigene Auto war der ganze Stolz meines Vaters und musste natürlich tadellos gepflegt sein. Das Bild zeigt meinen Zwillingsbruder Tom und mich (links) Ende der 1960er Jahre, wie wir unserem Vater bei der wichtigen samstäglichen Routine helfen. Ein großer Spaß! Damals zumindest …

Was zu dieser Zeit noch niemand bedacht hatte: Das schmutzige Waschwasser versickerte einfach auf dem unbefestigten Parkplatz, Gedanken über die Umwelt machte sich bis dahin kaum jemand. Die erste automatisierte Auto-Waschanlage wurde in Deutschland ja auch erst 1964 eröffnet, in Hamburg.

Bedeutung von Nachhaltigkeit

Heute allerdings ist Deutschland technologisch ganz vorne, wenn es um Gewässerschutz geht. Und genau in den Jahren, als wir das Autos wuschen, fand tatsächlich ein Umdenken statt. Der Bodensee drohte durch Eutrophierung umzukippen – die Geburtsstunde moderner Kläranlagen und der Regenwasserbehandlung. Einen weiteren Impuls gab es 1972 mit einer vom Club of Rome in Auftrag gegebenen Studie, die sich kritisch mit den Auswirkungen und Folgen des wirtschaftlichen Wachstums auseinandersetzte. 1992 wurde die Nachhaltigkeit auf der ersten Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro als globales Recht verankert. Nachhaltigkeit als Begriff ist seit Jahrhunderten in der Forstwirtschaft ein Überlebensprinzip für Generationen. Bereits 1713 verwendete ihn Carl von Carlowitz (1645-1714), Oberberghauptmann in Kursachsen und damit Verwalter der Holzversorgung des sächsischen Berg- und Hüttenwesens.

Strategische Entwicklungsziele der UN

Michael Drechsler (links) und Zwillingsbruder Tom Ende der 1960er Jahre beim Autowaschen. Foto: Michael Drechsler

Die Vereinten Nationen definierten schließlich 17 strategische Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDG) als politische Zielsetzungen, die weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene dienen sollen. Ein neuer Studiengang, Sustainable Management, wird beispielsweise an der Dualen Hochschule in Baden-Württemberg angeboten und hat als tragende drei Säulen genau diese ESG-Begriffe: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Ziele dabei sind Reduktion der Treibhausgase (Scope 1+2) um 50% bis Ende 2025, die Verringerung des Wasserverbrauchs um 10% bis Ende 2025, die Verringerung des Abfallvolumens um 10% bis Ende 2025 und die Erhöhung des Anteils nachhaltiger Lösungen und Produkte auf über 50% bis Ende 2025 (jeweils Basisjahr: 2019).

SDG 6 sieht als Ziel Sauberes Wasser und Zugang zu Sanitäreinrichtungen vor. Immerhin: Bei der Wagenwäsche vor der Haustür wurde Wasser vor Ort versickert und nicht abgeleitet, da der Untergrund nicht versiegelt war. Aber es ist natürlich nicht das Ziel, verschmutztes Wasser vor Ort zu halten – wohl aber Niederschlagswasser von unbelasteten Flächen.

Was hat das mit GWP zu tun?

Der Umbau der Städte und Siedlungsgebiete hin zu blau-grüner Infrastruktur mit dem Ziel der Wassernutzung anstelle reiner Ableitung hat weltweit und auch in Deutschland begonnen. Viele, vor allem große, Städte und Betreiber beschäftigen sich intensiv mit diesem Thema. Gleichzeitig müssen Menschen, Tiere und Werte vor den Folgen von Starkregenereignissen geschützt werden. Auch hier werden sinnvolle und bezahlbare Strategien benötigt.

Vorsorge und Behördenverantwortung

Die schrecklichen Bilder vom Hochwasser im Ahrtal im Juli 2021 und ganz aktuell Ende Oktober aus Valencia haben wir alle vor Augen. Trotz aller privaten Vorsorge und Objektschutz gilt: Für Ereignisse mit diesen extremen Wiederkehrwahrscheinlichkeiten gibt es keinen technischen Schutz mehr, nur rechtzeitige Erkennung, Warnung und Evakuierung der Bevölkerung. Auch hier gibt es ganz offenbar Nachholbedarf und es braucht den Mut der Behörden, solche Schritte rechtzeitig einzuleiten.

Neues Zukunfts-Themengebiet bei GWP

Der neue GWP-Arbeitskreis Urbane Wasserresilienz, vorgestellt auf der Jahreskonferenz Mitte 2024, beschäftigt sich genau mit diesen Themen. Es geht um die Einbindung ganz vieler Stakeholder. Gleichzeitig soll das Potential der GWP-Mitglieder genutzt werden, um ganzheitliche Ansätze und Lösungen zu suchen und natürlich auch zu vermarkten. Eine Mitgliedschaft bei GWP und Mitarbeit in dieser oder anderen Arbeitsgruppen kann so zur Win-win-Situation für alle werden.

Einfach mal darüber nachdenken, wenn Sie das nächste Mal in der Autowaschstraße warten müssen.

Michael Drechsler